Postkarten vom Nullpunkt

Andreas Helle

Menschen bringen vom Reisen Erinnerungen mit. Ich dagegen habe auf meine Reise in den Osten Polens Erinnerungen mitgenommen. Vorstellungen vom unvorstellbaren Massenmord in Vernichtungslagern. Treblinka oder Sobibór: das sind Namen für einen von Deutschen definierten absoluten Nullpunkt des Bösen. Doch fast nichts davon, was die Shoah in jüdischen Shtetlekh und Dörfern im östlichen Mitteleuropa angerichtet hat, hinterließ noch heute sichtbare Spuren.
Museen und Gedenkstätten erinnern an die Lücke, die der Tod einst riss. Sie sind wichtig. Diese Orte sollen uns beruhigen. Sie lassen hoffen, dass das Erinnern eine Wiederholung des B sen verhindern wird. Mich können sie nicht beruhigen. Wieder und wieder legten sich meine Vorstellungen von der Vergangenheit über die Gegenwart. Ich suchte nach Zeichen des Schreckens in der Schönheit der Landschaft.
Ich suchte nach Bildern, die meiner anhaltenden Erschütterung Ausdruck verleihen. Sie sind Postkarten von der Reise zum Nullpunkt.